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Die Ortschaft Pisling und die Ortschaft Windpassing sind in unserer Gemeinde
wohl die ältesten und etwa zur gleichen Zeit wie die Dörfer
Renfting, Glotzing und Loifing entstanden. Aus geschichtlichen Forschungen
ist zu entnehmen, daß die Orte mit der Endung -ing von 800-1000
nach Christus als Erste gegründet wurden. Die ersten Siedler suchten
sich die besseren Lagen für ihre Rodungen, vor allem leicht geneigte
Südhänge nahe am Hof. An den Südhängen schmilzt der
Schnee eher weg. Dadurch ist die Temperatur des Bodens das ganze Jahr
über höher als anderswo, und es wächst mehr. In den Passauer
Urbaren wird Pisling das erste Mal um 1220 erwähnt. Damals als "Pusilinge".
Später änderte sich der Name in Pusling. Im 17. Jahrhundert
kann man Pysling lesen. Das ganze 19. Jahrhundert durch wird "Pißling"
geschrieben und erst im letzten Jahrhundert entsteht die Schreibweise
Pisling.
Im Jahre 1010 schenkte Kaiser Heinrich II dem Kloster Niedernburg den
Nordwald, wozu wir auch gehörten. Im Vertrag heißt es, es sollen
alle Gebäude und alle nutzbaren Sachen in das Eigentum des Klosters
übergehen. Den Passauer Bischöfen passte es nicht, daß
das Kloster so groß wurde und sie machten immer wieder Druck auf
die Kaiser. Im Jahre 1161 erreichten sie ihr Ziel. Sie erhielten vom Kaiser
das "Land der Abtei" mit allem Besitz. Und so gehörten
unsere Dörfer und Einöden (höchstwahrscheinlich waren jetzt
alle Ortschaften gegründet) dem Bischof von Passau. Dieser Zustand
dauerte bis zur Säkularisation im Jahre 1803.
Mitte des 13. Jahrhunderts entstanden viele Edelsitze. Diese wurden vom
Bischof für treue erwiesene Verdienste gewährt. Junge Adelige,
die auf dem väterlichen Besitz keine Verwendung hatten, traten in
den Dienst der Bischöfe. Als "Ministerialen" derselben
gewannen sie Landbesitz und Ansehen. Diese Ministerialen erhielten gewisse
Rechte, hauptsächlich Jagdrechte und Lehensrechte. Die Watzmannsdorfer
in Thyrnau und Leoprechting waren solche Ministerialen. Zu deren Besitz
gehörte in Pisling das Langer Lehen. Diesen sogenannten Landadel
gab es bis zum Anfang des 17. Jahrhunderts.
Zweimal in unserer Geschichte wird von der Pest berichtet. Das erste
Mal im Jahre 1348 als die Pest vom mittleren Osten eingeschleppt wurde
und 1/3 der europäischen Bevölkerung dahinraffte. Ob in unserer
Gemeinde jemand starb ist nicht bekannt. Das zweite Mal im 30 jährigen
Krieg in den Jahren 1627 und 1649. In unserer Pfarrei starben damals 292
Menschen.
Im Jahre 1076 wurde die Pfarrei Kellberg gegründet. Dazu gehörten
wir bis 1900. Die Pfarrei Kellberg wurde vom Bischof dem Innbruckamt zugewiesen.
Dazu gehörte auch das Leprosenhaus in Passau. Die Bauern mußten
also Abgaben und Steuern an ihren jeweiligen Grundherrn entrichten und
gleichzeitig der Kirche den Zehent bezahlen.
Die absolut vorherrschende Lebensform war in den Dörfern das Bauerntum.
In Pisling gab es nie freie Bauern, sondern nur Lehenshöfe. Die Grundherrschaft
und die Vogtei (Rechtssprechung) lagen bei den Grundherren auf Edelsitzen
in unserer Gegend oder beim Domkapitel (Kimeringer in Pisling und Josenwastl
in Jahrdorf ). In zwei 1787 angelegten Urbaren (ähnlich unseren heutigen
Grundbüchern) kann man für Pisling lesen. Das Landgericht Oberhaus
hatte 2 Lehen (Öller und Bärtl), das Landgericht Leoprechting
hatte 1 Lehen (Langer), das Landgericht Buchleitner hatte 1 Lehen (Häusllippl)
und das Domkapitel Beneficium Corporis Christi hatte 1 Lehen (Kimeringer).
In den anderen Ortschaften war die Verteilung der Lehen ähnlich.
Die Mehrherrigkeit in einem Dorf im Mittelalter war üblich und ein
Vorteil. Bei Kriegen zwischen zwei Grundbesitzern war das Dorf sicher
(zum Beispiel vor dem Abbrennen). In unserer Gegend wird aber nie von
größeren Auseinandersetzungen der Grundherren berichtet.
Die größeren bäuerlichen Lehen waren Höfe (es gab
ganze, halbe und viertel Lehen). Ein Hof hatte 50 - 60 Tagwerk Grund,
circa 4 Ochsen, 4 - 6 Kühe, einige Kälber, Schweine und Schafe.
Entsprechend geringer waren Grund- und Viehbestand beim Lehen.
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In unserem Landstrich herrschte das ganze Mittelalter hindurch die Dreifelderwirtschaft.
Bis 1852 war der gemeinsame Weidebetrieb die Regel. Angebaut wurden Roggen,
Hafer, Weizen, Gerste, Hirse und Buchweizen (Heidenkorn oder Heiden).
Als Gemüse hauptsächlich Weißkraut und Rüben. Erst
als 1770 eine sehr große Hungersnot herrschte, wurde bei uns die
Kartoffel verstärkt angebaut. Außerdem wurde Flachs angebaut
zur Gewinnung von Kleidung und Öl. Die Abgaben (Gilten, Zinse) an
den Grundherrn waren: Getreide, Hühner, Eier und Käse. Dazu
kam der Zehent der oft aufgeteilt wurde: 2/3 dem Grundherrn und 1/3 dem
Pfarrer; (von allem "Gebäu) wurde der Zehent verlangt) Getreide,
Hirse, Heiden, Kraut, Rüben und Heu. Dagegen war der Blutzehent (lebendige
Tiere) bei uns nicht üblich. Außerdem forderten die Grundherrn
Frohnde und Robottdienste (Hand- und Spanndienste). Im späten Mittelalter
wurden die Abgaben allmählich in Geldabgaben umgewandelt.
Die Beschreibung der Höfe im Mittelalter ist ganz typisch auch für
Pisling passend: Das Wohnhaus steht mit der schmalen Seite zur Straße,
der Eingang ist im Hof, der Hof ist von der Straße abgetrennt durch
eine Mauer oder ein Gebäude. Auf der Straßenseite befindet
sich ein Einfahrtstor und für die Bewohner eine kleine Eingangspforte.
Vor der Haustür ein Brunnen mit laufendem Wasser. Im Viereck befindet
sich das Haupthaus mit den Nebengebäuden. Im Zentrum der Misthaufen.
Die Größe des Misthaufens zeugte von der Größe des
Hofes. Ein Dorf hatte meistens eine gemeinsame Wasserleitung mit einem
Standner, der jedem seinen Anteil Wasser zuteilte.
Ein großes Problem im Mittelalter war das Feuer. Alle Häuser
waren aus Holz erbaut und oft legte eine Feuersbrunst ganze Dörfer
in Schutt und Asche. So wurde auch Pisling am 1. Oktober 1887 ein Raub
der Flammen. Obwohl es schon 1755 eine Verordnung gab, daß Neubauten
bis unters Dach aus Mauerwerk sein müssen. Die zusammengebaute Ortschaft
Pisling ist auch heute noch sehr feuergefährdet. Den großen
Brand überstanden nur das Wohnhaus vom Badei und der Stadel und das
Stöckl vom Köcker. Die Inhäuser auf der südlichen
Straßenseite sind wahrscheinlich auch erhalten geblieben. Laut dem
Feuerwehrbericht sind 15 Firste abgebrannt. Im letzten Jahrhundert brannte
es auch einige Male, aber die Brände blieben immer auf ein Objekt
begrenzt.
Die 5 Bauerhöfe wurden sofort wieder aufgebaut. An der Fassade vom
Öllerhaus steht die Jahreszahl 1888. Dieses Haus und wahrscheinlich
auch die Anderen waren im nächsten Jahr wieder fertiggestellt.
Das Kreuz beim Öller weist die Jahreszahl 1890 auf, vielleicht hat
die Errichtung etwas mit dem Brand zu tun.
Die Oberbehörde war für uns ab dem 13. Jahrhundert bis 1786
das Landgericht Oberhaus. Dann war bis zur Übernahme durch Bayern
das Pflegeamt Thyrnau für uns zuständig. Ab 1806 gehörten
wir dann zum Landgericht Wegscheid. Mit der Auflösung des Landkreises
Wegscheid kamen wir zum Landgericht Passau und zum Landkreis Passau.
Der Steuerbezirk Jahrdorf , 1807 gegründet, wurde 1818 aufgelöst
und daraus die zwei Gemeinden Windpassing und Jahrdorf gegründet.
Mit der Gebietsreform 1971 kamen wir zur Stadt Hauzenberg.
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Mit der Industrialisierung im 20. Jahrh. kamen die ersten Maschinen.
Zuerst mit Dampf, dann mit Diesel und zuletzt mit Strom betrieben. Die
Einrichtungen für den elektrischen Strom wurden in unserer Gemeinde
im Jahre 1921 installiert. Aber erst mit dem Straßenbau bis in die
Dörfer in den 50er Jahren kam der große Struktur- und Lebenswandel
auch bis nach Pisling. Die erste Sandstraße von Haag nach Pisling
wurde 1951 gebaut. Kapo war Duschl Josef.
Um die Jahrhundertwende zum 20. Jahrh. wurden viele Maschinen noch mit
einem Göppel betrieben. Dieser wurde meist von einem Ochsen oder
einer Kuh angetrieben. Über eine Transmission wurde die Kraft an
eine Maschine weitergegeben(zum Beispiel zum Gsotschneiden). Mit dem Auftauchen
der ersten Dieselmotoren (1897) verschwanden die Göppel allmählich.
Beim Öller, Langer und Seppenbauer kann man sich noch an einen Göppel
erinnern. Die Pislinger Bauern hatten einen eigenen Dreschwagen ab 1935.
In den 60er Jahren legten sie sich einen Mähdrescher zu.
Beim Brand am 1. Oktober 1887 wurden in Pisling sicher viele solcher Maschinen
und verschiedenste Handwerksgeräte vernichtet. An das einzige Wohnhaus,
das den Brand überstand können sich die Älteren noch gut
erinnern. Es war das Badei Haus. Sicher waren die anderen Häuser
ebenso erbaut. Einstöckig und mit Ziegeln und Steinen gemauert. Auf
diese stehengebliebenen Grundmauern wurden stattliche zweistöckige
Bauernhäuser gebaut. Bei Umbaumaßnahmen trifft man im Erdgeschoßgemäuer
immer wieder auf Brandspuren. Das Wohnhaus vom Öller steht sogar
in der Denkmalliste des Landratsamtes Passau.
In den Dörfern hat es früher einen Dorfbürgermeister gegeben,
genannt "Aboida". Der hat angeschafft, wenn die Gemeinschaftseinrichtungen
(Straßen, Wasserleitung) zum Herrichten waren. Diese Einrichtung
gab es bis zur Gemeindereform, die letzten Jahrzehnte nur mehr als "Einsager"
bekannt. Bis in die 50. Jahre war Pisling nur mit Ochsenfuhrwerken zu
erreichen. Die Wege waren sehr schlecht und verliefen meistens in "Hohlgassen".
Pisling bestand lange (wahrscheinlich Jahrhunderte) nur aus den Bauernhäusern
mit den Austragshäusern "Inhäusl". Die Inhäuser
standen auf der südlichen Straßenseite und wurden von sogenannten
helfenden Häuselleuten bewohnt. Diese Bewohner mußten keine
Miete bezahlen, sondern bei den Arbeiten am Bauernhof mithelfen. Diese
Form bestand bis circa 1950.
Im Jahre 1832 hatte Pisling 10 Häuser und 60 Einwohner, 1913 hatte
Pisling 60, 1975 waren es 81 und heute 76 Einwohner.
Die wenigen Neubauten in den letzten Jahrzehnten wurden auch an die Durchgangsstraße
gebaut, so daß sich die Dorfform als Straßendorf nicht änderte.
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Die Wasserversorgung wurde im Mittelalter durch
Quellen gesichert, deren Wasser im freien Gefälle in die Dörfer
geleitet wurden. In jedem Haus war aber auch ein Brunnen, aber nur wenige
sind heute noch in Betrieb. Bis circa 1965 hatte Pisling einen Widder der
das ganze Dorf mit laufendem Wasser versorgte. Am Dorfanfang stand der Standner,
der die Wasserverteilung regelte. Die Widder wurden um die Jahrhundertwende
installiert. Jedes Jahr hatte ein anderer Bauer die Aufsicht über den
Widder. Der Pislinger Widder war bis 1957 in Betrieb.
1947 war eine sehr große Trockenheit. Seit 1973 ist Pisling an das
Fernwassernetz angeschlossen und seitdem gibt es keine Wasserprobleme mehr.
Seit 1986 ist Pisling an die Kläranlage Kaindlmühle angeschlossen.
In den siebziger Jahren wurde die Flurbereinigung durchgeführt. Das
war notwendig, weil durch Teilung und Vererbung der sowieso kleinen Grund-stücke
unendlich viele winzige Flächen entstanden sind, die mit Maschinen
nicht mehr sinnvoll zu bearbeiten waren. In Grundbüchern sind die
vielen Flurstücksnamen noch nachzulesen. Viele Namen sind heute schon
verschwunden. Auch ist beschrieben, wer wann das Recht hatte seine Wiesen
zu bewässern.
In Pisling gab es bis 1974 eine Flaschenschänke. Leider ist diese
Einrichtung verschwunden, obwohl ein großes Interesse an einem öffentlichen
Treffpunkt gegeben wäre, das sieht man an der Anzahl der Hütten,
die überall aus dem Boden wachsen.
Die Lebensfreude der Pislinger war immer schon groß. In den Bauernstuben
wurde zu Mundharmonika oder Zieharmonika getanzt. Um die Jahrhundertwende
gab es eine Kegelbahn, und es wurde im Winter tagtäglich Eisstock
geschossen. Vor der Jahrhundertwende ist beim Badei ein Dorfwirtshaus
gewesen.
Beim Langer auf der Hausbank war lange Zeit der Treffpunkt nach Feierabend.
Hier wurde auch der Rosenkranz gebetet, wobei der alte Langer als Vorbeter
fungierte. Um 1950 kam der erste Fernseher ins Dorf und ca. 10 Jahre später
das erste Telefon.
In den 60er Jahren wurden große Gartenfeste mit Maibaumsteigen veranstaltet.
In den letzten Jahren veranstalteten die Hüttenmitglieder Hüttenfeste
und große Sonnwendfeuer mit Bewirtung der Gäste.
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